
Kerstin Claus engagiert sich seit vielen Jahren für Menschen, die von Missbrauch betroffen sind. Foto: Christoph Soeder
Datum: 22.10.2025
Anlaufstelle für Opfer von Gewalt und Missbrauch im Sport
Gewalt und Missbrauch im Sport bleiben ein großes Problem. Athletenvertreter Johannes Herber fordert die schnelle Umsetzung des Zentrums für „Safe Sport“, das Übergriffe unabhängig untersuchen soll. Auch Kerstin Claus, Unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, fordert neue Lösungen.
Im Bundestagsausschuss für Sport und Ehrenamt hat Johannes Herber, Geschäftsführer der Athletenvertretung Athleten Deutschland e. V., auf das Ausmaß von Gewalt, Missbrauch und Machtmissbrauch im deutschen Sport aufmerksam gemacht. Herber erinnerte an mehrere Fälle, darunter die Berichte der Turnerin Tabea Alt über Essstörungen, Straftraining, Schmerzmittel und Demütigungen, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Ebenso sprach er über die 17 Ruderinnen und Ruderer, die schwere Vorwürfe gegen einen Trainer erhoben hatten. Diese Beispiele machten deutlich, wie groß das Problem sexualisierter, verbaler und struktureller Gewalt im Sport weiterhin sei. Viele Verfahren würden noch immer versanden, meint Herber.
Zentrales Thema der Sitzung war das geplante Zentrum für „Safe Sport“, das künftig Fälle von Gewalt und Übergriffen im Leistungssport unabhängig erfassen, untersuchen und sanktionieren soll. Die Umsetzung des Projekts zieht sich jedoch auch wegen juristischer Fragen seit Jahren hin. Herber forderte laut SZ, die staatliche Sportförderung künftig daran zu koppeln, dass Verbände dem Zentrum beitreten und dessen Verfahren akzeptieren. Nur so könne sichergestellt werden, dass alle Fälle konsequent verfolgt werden. Ein weiterer Punkt war die geplante Finanzierung von derzeit 2,8 Millionen Euro im Bundeshaushalt für das Jahr 2026 und fünf Millionen für 2027, die schrittweise ausgebaut werden soll.
Datenbank gegen übergriffige Trainer
„Correctiv“ sowie das Magazin „11 Freunde“ haben kürzlich über Manipulation, Mobbing und Missbrauch im Jugendfußball berichtet. Ein Problem hierbei: Übergriffige Trainer können einfach den Verein oder das Bundesland wechseln und dort weitermachen. Kerstin Claus, die Unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch, schlägt eine Trainerdatei vor, um das zu unterbinden. So können sich Vereine über Trainer im Vorfeld informieren. Bisher scheiterte es aber am Datenschutz und daran, dass es keine Stelle gebe, die ein solches Register führt. Eine mögliche Aufgabe für das Zentrum für Safe Sport, wenn der gesetzliche Rahmen geschaffen wird.
Auch Vertreterinnen des Deutschen Fußball-Bundes betonten den Handlungsbedarf. Viele Kinder und Jugendliche verstünden nicht, was ihnen widerfahre, erklärte Stefanie Schulte, Abteilungsleiterin Nachhaltigkeit des DFB. Die Politik müsse dem Sport helfen und Verbände sollten mehr Aufklärung leisten. Ein Grund: Das Zentrum für Safe Sport soll zunächst für den Leistungssport gegründet werden. Erst im zweiten Schritt komme der Nachwuchs-Leistungssport hinzu – nicht jedoch der Breitensport mit 86.000 Vereinen in Deutschland, wie „Sport 1“ berichtet.
Trotz eines bereits verabschiedeten Safe Sport Code des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) bleibt die Umsetzung somit schleppend. Erst Ende 2028 soll der Kodex in allen Verbänden verbindlich gelten. Dadurch soll es Verbänden ermöglicht werden, in nicht strafrechtlich relevanten Fällen zu sanktionieren, beispielsweise wenn ein übergriffiges Verhalten vorliegt, etwa unangemessener Körperkontakt oder verbale Demütigung. Laut Bundesregierung soll das Zentrum für Safe Sport im Frühjahr 2026 gegründet werden und 2027 seine Arbeit aufnehmen. Bis dahin, so Herber, fehle es weiter an Verbindlichkeit – und an Schutz für viele Betroffene.
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