Im Jahr 2024 wurden in Deutschland 265.942 Menschen Opfer Häuslicher Gewalt, ein neuer Höchststand.

Im Jahr 2024 wurden in Deutschland 265.942 Menschen Opfer Häuslicher Gewalt, ein neuer Höchststand. Foto: Christian J. Ahlers

Datum: 21.11.2025

Neues Bundeslagebild zu Häuslicher Gewalt vorgestellt

Erneut sind die Zahlen zu Häuslicher Gewalt und Partnerschaftsgewalt gestiegen: Das Bundesinnenministerium sowie das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben das neue Lagebild vorgestellt. Innenminister Alexander Dobrindt räumte ein, dass die Politik bisher nicht genug tue, um Frauen in Deutschland zu schützen.

Mehr als 265.000 Opfer Häuslicher Gewalt hat die Polizei im Jahr 2024 registriert. Das ist ein Anstieg um 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie der Bundesminister des Innern Alexander Dobrindt (CSU) auf einer Pressekonferenz zum neuen Bundeslagebild mitteilte. Bei den registrierten Fällen handelte es sich überwiegend um Partnerschaftsgewalt. Im Jahr 2023 waren es 256.276 Opfer. Dobrindt fand direkt zu Beginn der Konferenz klare Worte: Die Politik würde nicht genug machen, um Frauen vor Gewalttaten zu schützen. „Da muss deutlich mehr kommen“, sagte er. 70 Prozent der Betroffenen sind demnach weiblich. Von Mord, gefährlicher Körperverletzung und einfacher Körperverletzung bis zu Bedrohungen und Stalking seien alle Gewaltformen dabei. „Alles, was an Gewalttaten leider vorstellbar ist“, so Dobrindt.

K.-o.-Tropfen sieht Dobrindt gerade bei der jungen Bevölkerung als Bedrohung. Der Einsatz stehe oft in Verbindung mit Sexualstraftaten. „K.-o.-Tropfen werden zur Waffe und müssen als solche bei einer Strafverfolgung betrachtet werden“, sagte Dobrindt. Gegen die Täter wolle der Bund stärker vorgehen.

Jede vierte Frau von Gewalt betroffen

Die Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Karin Prien (CDU), wies darauf hin, dass Häusliche Gewalt kein Randphänomen sei, sondern alle Menschen betreffe. „Beide Geschlechter, alle Altersklassen – aber vor allem Frauen und Mädchen erleben deutlich häufiger Gewalt“, sagt Prien. Rechne man die Fallzahlen hoch, würden pro Stunde 15 Frauen Partnerschaftsgewalt erleben, so Prien. 2024 haben in Deutschland 286 Menschen ihr Leben durch häusliche Gewalt verloren, darunter 191 Frauen und 95 Männer.

Ein weiteres großes Problem sei Gewalt gegen Frauen im digitalen Raum. „18.000 Frauen und Mädchen wurden Opfer von digitaler Gewalt – das sind 50 betroffene Frauen pro Tag“, erklärte Prien.

Bei den Zahlen im Bundeslagebild handelt es sich ausschließlich um das Hellfeld, also polizeilich aufgenommene Fälle. „Wir müssen davon ausgehen, dass jede vierte Frau von Gewalt betroffen ist“, sagte Prien mit Blick auf das Dunkelfeld. Im Januar soll eine Dunkelfeld-Studie zu Häuslicher Gewalt veröffentlicht werden. Viele Betroffene würden schweigen, aus Angst oder Scham. „Wir als Gesellschaft müssen beschämt sein, dass wir solch eine Entwicklung zulassen“, betonte Prien.

Maßnahmen gegen Häusliche Gewalt und Partnerschaftsgewalt

Die Bundesregierung plant verschiedene Maßnahmen, um den Schutz von Frauen zu erhöhen. Erst kürzlich wurde ein Gesetzentwurf beschlossen, der Familiengerichten bundesweit den Einsatz der elektronischen Fußfessel nach spanischem Modell ermöglichen soll. Täter sollen eine Fußfessel erhalten und Betroffene einen Sender, um bei einer Näherung gewarnt zu werden. „Dieser Gesetzentwurf schafft neue Schutzräume. Opfer sollten sich da frei bewegen können, wo sie es wollen“, sagte Dobrindt.

Eine weitere Maßnahme ist die Fortsetzung der sogenannten „Tarn“-App. Diese ermöglicht es Betroffenen, Übergriffe und Gewalttaten gerichtsfest zu dokumentieren. Laut Dobrindt ist die App für den Täter auf dem Handy des Opfers nicht zu erkennen. Das Gewalthilfegesetz tritt 2027 in Kraft, und ab 2032 kommt der individuelle Rechtsanspruch für Frauen auf Schutz und Beratung. Der Bund unterstützt diese Aufgaben der Länder mit 2,6 Milliarden Euro. Nach Angaben von Bundesministerin Karin Prien unterstützt der Bund den Bau und die Sanierung von Frauenhäusern in den nächsten vier Jahren mit 150 Millionen Euro.

Prien sprach auch über die hohe Zahl von Männern, die Gewalt erleben. In 30 Prozent der Fälle sei das Opfer männlich. Man habe sich daher vorgenommen, sich stärker für den Schutz von Männern einzusetzen: „Gewalt gegen den Partner, Gewalt gegen eine Frau ist nie eine Option.“ Konkrete Maßnahmen wurden nicht genannt.