Archiv für September, 2025

Hilfe für Missbrauchsopfer: „Der Fonds muss endlich gesetzlich verankert werden“

Erstellt am: Dienstag, 30. September 2025 von Gregor
Kerstin Claus engagiert sich seit vielen Jahren für Menschen, die von Missbrauch betroffen sind. Foto: Christoph Soeder

Kerstin Claus engagiert sich seit vielen Jahren für Menschen, die von Missbrauch betroffen sind. Foto: Christoph Soeder

Datum: 30.09.2025

Hilfe für Missbrauchsopfer: „Der Fonds muss endlich gesetzlich verankert werden“

Die Unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Kerstin Claus, fordert in einem Gastkommentar im WEISSER RING Magazin die Politik auf, das endgültige Aus des Fonds Sexueller Missbrauch zu verhindern.

Nach dem Ende des Fonds Sexueller Missbrauch hat die Unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Kerstin Claus, den Bundestag in die Pflicht genommen, zeitnah für Ersatz zu sorgen. In einem Gastkommentar für das WEISSER RING Magazin schreibt Claus: „Selten gelingt es der Politik, so etwas wie nachholende Gerechtigkeit zu schaffen. Der Fonds Sexueller Missbrauch war eine solche Erfolgsgeschichte. Jetzt ist es an den Abgeordneten, das endgültige Aus dieses niedrigschwelligen Hilfesystems zu verhindern. Er hat Belastungen im Alltag verringert und Perspektiven möglich gemacht, wo vergangene Gewalt oft das Leben prägt.“

Rückwirkender Stopp

Darüber hinaus kritisiert Kerstin Claus, es sei ein „verheerendes Signal“ für Betroffene gewesen, als die Ampelregierung im vergangenen Jahr „stillschweigend“ das Aus des Fonds zum 31. August 2025 beschlossen und die aktuelle Bundesregierung später sogar einen rückwirkenden Antragsstopp ab dem 19. März zugelassen habe. „Das ist ein Akt der Entsolidarisierung. Eine Regierung, die sich dem Schutz von Kindern und Jugendlichen verschreibt, darf so nicht handeln“, so Claus. „All dies jetzt preiszugeben – nur weil eine Bundesregierung nach der anderen daran scheitert, dieses Hilfesystem verlässlich finanziell und strukturell abzusichern –, ist ein Armutszeugnis.“

Die Bemühungen der früheren Familienministerin Lisa Paus (Grüne), den Fonds über das neue „Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ abzusichern, seien kraftlos gewesen. Das Veto der FDP habe Paus stillschweigend akzeptiert und öffentliche Debatten vermieden. Ihre Nachfolgerin Karin Prien (CDU) habe zwar eine gesetzliche Verankerung des Hilfesystems gefordert, jedoch keinen konkreten Vorschlag eingebracht.

Jetzt liege die Verantwortung beim Bundestag und damit bei den Abgeordneten. Claus fordert: „Ab 2026 müssen die nötigen Mittel dauerhaft gesichert und perspektivisch der Fonds endlich gesetzlich verankert werden. Denn: Sexualisierte Gewalt ist ein Verbrechen mit lebenslangen Folgen. Wer das ignoriert, riskiert, dass Betroffene erneut verstummen.“

Ministerium prüft Ersatz

Ob und welchen Ersatz es für den Fonds gibt, ist weiter ungewiss. Auf Anfrage des WEISSER RING Magazins teilte das Bundesfamilienministerium mit, es setze sich dafür ein, dass Betroffene auch künftig wirksame Hilfen erhalten. Dies hatten Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Die „Möglichkeiten der Umsetzung“ würden weiterhin geprüft, sagte eine Sprecherin des Ministeriums von Karin Prien (CDU), die sich unter anderem mit dem Betroffenenrat austausche. Der Prozess werde noch „einige Zeit in Anspruch nehmen“, damit die Lösung den Vorgaben des Bundesrechnungshofs entspreche.

Der Fonds, der zum Ergänzenden Hilfesystem gehörte, war im Sommer – rückwirkend zum 19. März – eingestellt worden. Der WEISSE RING und weitere Fachorganisationen kritisierten das Ende des Fonds. Dieser konnte einspringen, wenn Behandlungen, etwa Physio- oder Ergotherapie, oder andere Leistungen nicht von Kranken- und Pflegekassen oder dem Sozialen Entschädigungsrecht abgedeckt werden. Nach jüngsten Angaben des zuständigen Bundesfamilienministeriums wurden bislang etwa 165,2 Millionen Euro ausgezahlt.

 

Wegen Hassnachrichten: Dunja Hayali legt eine Onlinepause ein

Erstellt am: Mittwoch, 17. September 2025 von Selina
Dunja Hayali: Macht Onlinepause nach Hassnachrichten

Fernsehmoderatorin Dunja Hayali beim Deutschen Fernsehpreis 2025. Foto: picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Datum: 17.09.2025

Wegen Hassnachrichten: Dunja Hayali legt eine Onlinepause ein

Die ZDF-Journalistin Dunja Hayali erhielt nach einer Moderation über den getöteten Aktivisten Charlie Kirk massive Hassnachrichten und Morddrohungen. Nun zieht sie Konsequenzen und legt eine Pause ein, wie sie auf Instagram bekannt gegeben hat.

Ein weißer Zettel ist zu Beginn des Instagram-Videos vom 14. September zu sehen. Darauf steht in großen schwarzen Lettern: „Aus Gründen mal ein paar Tage Pause … Danke für die anständigen, kritischen Kommentare! Take Care, dh.“ Es ist ein Post der Journalistin und Moderatorin Dunja Hayali.

Danach blendet das Video zahlreiche Hasskommentare ein, die der Grund für ihre angekündigte Onlinepause sein dürften. „Wir werden dich noch hängen sehen“, „Diese Frau ist 1000-mal bösartiger und schlimmer als Joseph Goebbels“ und „Schauen Sie lieber ab jetzt öfter über Ihre Schulter“ – so und ähnlich schrieben vor allem Männer an Hayali.

Hintergrund der Hasswelle war eine Moderation im „heute journal“ des ZDF. Erst einen Tag zuvor, am 10. September, war der Donald-Trump-Anhänger und rechte Aktivist Charlie Kirk während einer Veranstaltung erschossen worden. Der Vorfall war Thema in der Sendung vom 11. September, mit fatalen Folgen für die Moderatorin.

Dunja Hayali beginnt ihren Beitrag mit der Frage: „Wo soll das alles hinführen?“ Und fährt fort: „Im Land der Meinungsfreiheit, den USA, scheint es immer weniger möglich zu sein, andere Meinungen auszuhalten – oder dagegenzuhalten, ohne dass es eskaliert. Opfer dieser zunehmenden Spannungen wurde gestern Charlie Kirk. Der 31-Jährige war ein extremer und extrem umstrittener Influencer, der seit Jahren massiv für Donald Trump die Werbetrommel gerührt hat.“

Hayali sagt: „Dass es nun Gruppen gibt, die seinen Tod feiern, ist mit nichts zu rechtfertigen. Auch nicht mit seinen oftmals abscheulichen, rassistischen, sexistischen und menschenfeindlichen Aussagen.“ Zudem beschrieb sie ihn als radikalreligiösen Verschwörungsanhänger. Rechte Accounts verbreiteten daraufhin in den sozialen Netzwerken aus dem Zusammenhang gerissene Ausschnitte ihrer Moderation.

 

Die Moderatorin Lola Weippert steht vor einem roten Hintergrund. Das Foto wurde sichtlich zerkratzt und soll so auf digitale Gewalt aufmerksam machen.

Jetzt reicht es uns!

Der Hass im Netz trifft immer öfter Prominente – und viele von ihnen wollen die digitale Gewalt nicht mehr hinnehmen.

Ihre Aussagen waren nicht falsch: Charlie Kirk war berüchtigt für seine kontroversen Äußerungen über Migration, trans Menschen und Abtreibung.  Als Beispiel nannte der Tagesspiegel unter anderem folgendes Zitat: „Schwarze Frauen haben nicht die Gehirnleistung, um ernst genommen zu werden.“ Oder „Ich glaube, es ist, leider, lohnenswert, eine gewisse Anzahl an Waffentoten hinzunehmen, um unser gottgegebenes Recht auf Waffenbesitz zu schützen.“

Der Fall Dunja Hayali zeigt erneut das Ausmaß an Hass im Netz. Eine EU-weite Umfrage von der Organisation „HateAid“ zeigt: Jeder zweite junge Erwachsene ist online von Hass betroffen. Besonders Frauen ziehen sich deshalb zunehmend aus sozialen Medien zurück.

30 Prozent der befragten Frauen haben Angst, dass geklaute oder gefälschte Nacktbilder im Internet veröffentlicht werden. 84 Prozent der Männer und 92 Prozent der Frauen wünschen sich Gesetze zur Kontrolle von Online-Plattformen.

Fehlender Opferschutz bei Kriminalberichterstattung

Erstellt am: Montag, 1. September 2025 von Selina
Pressekodex des Presserats über Opferschutz in Berichterstattungen.

Der Presserat kommt regelmäßig in einem Plenum zusammen, um über Verstöße gegen den Pressekodex zu sprechen. Foto: Verena Brüning/Presserat

Datum: 01.09.2025

Fehlender Opferschutz bei Kriminalberichterstattung

Der Presserat musste erneut Rügen aussprechen, weil es Verstöße gegen den Opferschutz und das Persönlichkeitsrecht bei Kriminalberichterstattungen gab. Vor allem eine Zeitung hat dafür mehrfach Rügen erhalten.

Der Deutsche Presserat hat in diesem Jahr 67 Rügen bis August ausgesprochen. Darunter waren wieder Verstöße gegen den Opferschutz und das Persönlichkeitsrecht bei Kriminalberichterstattungen. So zeigten „BILD“ und „BILD.DE“ im Zusammenhang mit dem Anschlag in Aschaffenburg das zweijährige getötete Opfer unverpixelt. Ein Verstoß gegen den Pressekodex, der die Identifizierbarkeit von Kindern bei der Berichterstattung von Straftaten untersagt. Auch „BILD AM SONNTAG“ verletzte den Persönlichkeitsschutz, indem sie unverpixelte Fotos früherer Opfer von Attentaten, darunter Kinder, ohne Zustimmung der Angehörigen veröffentlichte.

„BILD.DE“ und „WAZ.DE“ wurden zudem gerügt, weil sie im Fall einer mutmaßlich vergewaltigten Frau ein Foto veröffentlichten, das die Betroffene nackt und in hilfloser Lage zeigte. „Baden Online“ wurde gerügt, weil in einem Mordbericht der volle Name und private Details des Opfers veröffentlicht wurden.

Der Deutsche Presserat ist die freiwillige Selbstkontrolle für Print- und Online-Medien in Deutschland. Er prüft anhand von Beschwerden die Einhaltung des Pressekodex.