„WTF is Jule?!“

Erstellt am: Freitag, 14. März 2025 von Selina
Titelbild von der ZDF-Doku über Jule Stinkesocke. Man sieht die Aufschrift "WTF is Jule?!" und dahinter ein Foto von der angeblichen Jule Stinkesocke. Moderiert wird die Doku von dem deutschen Schauspieler Maximilian Mundt.

GUCKEN

„WTF is Jule?!“

ZDF Mediathek

70.000 Follower auf Twitter (heute X), Millionen Menschen lesen ihren Blog. Kaum eine Person im Rollstuhl hat so viele Menschen erreicht wie Jule Stinkesocke. Schulzeit, Ausbildung und Sex, Jule Stinkesocke schrieb über ihr Leben.

Doch es stellt sich heraus: Stinkesocke existiert nicht. „WTF is Jule?!“ ist eine Doku-Serie des ZDF über eine Person, die jahrelang Tausende Menschen täuschte. Die Doku zeigt, wie junge Leute, vor allem aus besonders verletzlichen Gruppen wie Menschen mit Behinderungen, durch falsche Identitäten in den sozialen Medien manipuliert werden können. Besonders junge behinderte Frauen wurden Opfer, die dachten, sie würden mit einer ebenfalls jungen behinderten Frau chatten.

„Ich fühle mich benutzt, ich habe jemandem alles erzählt, was man über mich wissen kann. Das waren ganz intime Sachen, und wenn ich darüber nachdenke, wird mir schlecht“, sagt eines der Opfer, die in der Doku zu Wort kommen.

Der Schauspieler Maximilian Mundt, bekannt aus der Netflix-Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“, begleitet einen durch die Recherche nach der wahren Identität von Jule Stinkesocke.

zdf.de/dokumentation/wtf-is-jule

„Avignon – Der Prozess Pelicot“

Erstellt am: Freitag, 14. März 2025 von Selina
Cover des Spiegel-Podcats "Acht Milliarden", mit der aktuellen Folge über den Prozess Pelicot in Avignon. Dazu sieht man das Opfer Gisèle Pelicot mit ihrer Sonnenbrille auf.

HÖREN

„Avignon – Der Prozess Pelicot“

Acht Milliarden/Der Spiegel

„Sie war immer noch ein Opfer, denn wie sie sagte, wusste sie von nichts. Also war sie immer noch ein Opfer. Aber sie war eine Frau mit einem Blick, mit einer Stimme. Zum ersten Mal erzählte sie ihre Version der Geschichte, und das war ehrlich gesagt ein unglaublicher Moment“, sagt Gerichtszeichnerin Marion Dubreuil über Gisèle Pelicot im „Spiegel“-Podcast von Britta Sandberg. In vier Folgen nimmt die Journalistin ihr Publikum mit in die „Innenansichten“ des Gerichtssaals.

Zu hören sind Auszüge aus Sandbergs Notizen, aus Wortprotokollen, Vernehmungen und der Anklageschrift. Zitiert werden Stellen aus dem Buch von Caroline Darian, der Tochter von Gisèle und Dominique Pelicot, das auch Briefe ihres Vaters enthält, die er aus dem Gefängnis an seine Familie geschrieben hat.

Neben der Heldin Gisèle Pelicot lernt der Hörer hier auch das Opfer Gisèle Pelicot kennen. Der Podcast zeigt hier außerdem, was so eine Tat für eine Familie bedeutet.

Es ist als Zuhörerin nicht immer leicht, all diese Details zu erfahren – ihnen zu folgen, ohne selbst betroffen zu werden. Aber wer sich für diese Geschichte interessiert, sollte diesen Podcast auf keinen Fall verpassen.

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Auch Sprache ist ein Messer 

Erstellt am: Montag, 10. März 2025 von Selina
Salman Rushdie sein Buch "Knife".

LESEN

Auch Sprache ist ein Messer 

Salman Rushdie
„Knife – Gedanken nach einem Mordversuch“
Penguin Verlag, 256 Seiten, 25 Euro 

Am 14. Februar 1989 rief der iranische Revolutionsführer Chomeini die Muslime in aller Welt auf, den Schriftsteller Salman Rushdie zu töten, Autor des Buches „Die satanischen Verse“.

33 Jahre und 16 Bücher später, am 12. August 2022, stürmt im Amphitheater von Chautauqua ein junger Mann zur Bühne, wo Rushdie, mittlerweile 75 Jahre alt, spricht. Der Schriftsteller sieht den Mann im Augenwinkel kommen; es ist das Letzte, was sein rechtes Auge sehen wird. 15-mal sticht der Angreifer zu, sein Messer trifft Hand, Hals, Leber, Unterleib, Auge.

Rushdie überlebt – und sticht schon bald zurück, mit Worten: „Auch Sprache ist ein Messer“, schreibt er. „War ich unvermutet in einen Messerkampf geraten, war Sprache womöglich die Waffe, mit der ich mich wehren konnte.“ Sprache, so Rushdie, könne die Welt aufschneiden und ihre Bedeutung zeigen, und genau das tut der Schriftsteller in seinem Buch „Knife“, Messer. Er legt die Folgen des Verbrechens frei, zeigt seine Gefühle: den Schmerz, die Angst, die Scham.

18 Tage lang, „die längsten achtzehn Tage meines Lebens“, rang Rushdie auf der Intensivstation um sein Leben. Ihm wurde klar, dass er über das Attentat schreiben muss. Schreiben als Therapie, der Gedanke behagte ihm nicht, „Schreiben ist Schreiben und Therapie ist Therapie“, notiert er später. Aber da schreibt er längst, es geht nicht anders.

„Knife“ zeigt, schmerzhaft auch für den Leser, die „körperlichen Demütigungen“, die der Verletzte ertragen muss. Den Verlust der Autonomie. Die Zumutungen, denen ihn „Dr. Auge, Dr. Hand, Dr. Stich, Dr. Schnitt, Dr. Leber, Dr. Zunge“ aussetzen. Rushdie erinnert sich, sich „matt“ gefühlt zu haben, „erschöpft, deprimiert, fassungslos, krank, schwach“. Nur an ein Gefühl erinnert er sich nicht: Wut. „Wut kam mir wie ein sinnloser Luxus vor. Wut nutzte mir nichts; ich hatte mich um Wichtigeres zu kümmern.“

Wichtiger ist es für ihn, zu verstehen, und dafür nutzt er das Mittel, das ihn als Schriftsteller berühmt gemacht hat: die Fantasie. Er stellt sich einen Dialog mit seinem Attentäter vor. 27 Sekunden lang stach der Mann auf den hilflosen Schriftsteller ein, seitenlang kehrt der Schriftsteller nun das Machtverhältnis um und schlägt mit Worten auf den Attentäter ein, den er „A.“ nennt, „A. wie Arschloch“. Er spricht mit ihm über Gott und Glauben, über Liebe und Leben. „Untermotiviert“ kommt ihm die Tat seines „gescheiterten Mörders“ vor. Fast gelangweilt beendet er schließlich das Gespräch: „Ich habe nicht länger die Energie, ihn mir vorzustellen, so wie er nie in der Lage war, sich mich vorzustellen.“

Auf Gewalt habe er mit Kunst antworten wollen, so Rushdie. Am Ende seines nachdenklichen und klugen, deshalb so wertvollen Buches steht er wieder auf der Bühne in Chautauqua und fühlt sich: ganz. Das Verbrechen hat ihn nicht zerbrochen.

penguin.de/buecher/salman-rushdie-knife