Was die Koalition bei Opferhilfe und Prävention plant

Erstellt am: Freitag, 11. April 2025 von Gregor
Im Kampf gegen Gewalt an Frauen setzt die Koalition unter anderem auf die Einführung der Fußfessel nach dem Vorbild Spaniens. Foto: dpa

Im Kampf gegen Gewalt an Frauen setzt die Koalition unter anderem auf die „spanische Fußfessel“. Foto: dpa

Datum: 11.04.2025

Was die Koalition bei Opferhilfe und Prävention plant

Mit „Verantwortung für Deutschland“ haben Union und SPD ihren jetzt vorgestellten Koalitionsvertrag überschrieben. Die Pläne in dem 144 Seiten umfassenden Papier stehen „unter Finanzierungsvorbehalt“. Doch der Vertrag gibt die Leitlinien für die voraussichtliche Regierung vor, auch bei Themen wie Gewaltschutz. Was kündigen die Parteien an – und wie steht der WEISSE RING zu den Plänen?

Gewalt gegen Frauen

Das Bündnis verspricht, das Gewalthilfegesetz – das ab 2032 einen Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung für Frauen und Kinder vorsieht – umzusetzen und die Gewaltschutzstrategie des Bundes zu einem „Nationalen Aktionsplan“ zu erweitern. Die Präventions-, Aufklärungs- und Täterarbeit solle verstärkt werden.

Weiter heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir verschärfen den Tatbestand der Nachstellung und den Strafrahmen für Zuwiderhandlungen nach dem Gewaltschutzgesetz und schaffen bundeseinheitliche Rechtsgrundlagen im Gewaltschutzgesetz für die gerichtliche Anordnung der elektronischen Fußfessel nach dem sogenannten Spanischen Modell und für verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings für Täter.“ Den Stalking-Paragraphen will die Koalition um das Verwenden von GPS-Trackern erweitern. Diese werden häufig missbraucht, um Frauen zu belästigen und zu kontrollieren.

Laut den jüngsten Zahlen für häusliche Gewalt waren im Jahr 2023 mehr als 70 Prozent der Betroffenen Frauen und Mädchen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Wert um 5,6 Prozent auf 180.715 (2022: 171.076), teilte das Bundesfamilienministerium mit. Insgesamt wurden 360 Mädchen und Frauen getötet.

Um geflüchtete Frauen besser vor Gewalt zu bewahren, will die Regierung die Residenzpflicht und Wohnsitzauflage lockern. Diese hindern Betroffene oft daran, vom Täter wegzuziehen.

Den Strafrahmen für Gruppenvergewaltigungen möchte die Koalition erhöhen und prüfen, inwiefern sich „offensichtlich unerwünschte und erhebliche verbale und nicht-körperliche sexuelle Belästigungen“ härter bestrafen lassen.

 

Gewalt gegen Kinder und Jugendliche

Den Fonds Sexueller Missbrauch und das damit verbundene Ergänzende Hilfesystem (EHS), die Betroffenen eine wichtige, niedrigschwellige Unterstützung bieten, „führen wir unter Beteiligung des Betroffenenrats fort“, schreibt die Koalition. In welchem Umfang und unter welchen Bedingungen, ist allerdings noch ungewiss.

Die Umsetzung des UBSKM-Gesetzes (Unabhängige Beauftragte für Sexuellen Kindesmissbrauch) will Schwarz-Rot gemeinsam mit den Ländern, Trägern und Einrichtungen unterstützen, vor allem im Hinblick auf die Pflicht der Institutionen, Missbrauchsfälle aufzuarbeiten und Schutzkonzepte zu schaffen.

Die sogenannten Childhood-Häuser in den Ländern – regionale, interdisziplinäre Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche, die Gewalt erfahren haben – möchte die Koalition mit Bundesmitteln fördern. Im Sorge- und Umgangsrecht soll häusliche Gewalt künftig stärker zu Lasten des Täters berücksichtigt werden; sie stelle eine Kindeswohlgefährdung dar.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die geplante Strategie „Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt“. Ziel sei es, Eltern durch Wissensvermittlung zu stärken und Anbieter in die Pflicht zu nehmen. Schwarz-Rot will sich für eine verpflichtende Altersnachweise und sichere Voreinstellungen bei digitalen Geräten und Angeboten einsetzen.

  • Der WEISSE RING begrüßt die Pläne grundsätzlich, betont aber, auch hier sei die konkrete Ausgestaltung entscheidend.

 

Schutz und Unterstützung für Opfer

Die schon bestehende Kommission zur Reform des Sozialstaates, in der Bund, Länder und Kommunen zusammenarbeiten, wird voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres ihre Ergebnisse präsentieren. Als Ziele geben Union und SPD etwa „Entbürokratisierung“, „massive Rechtsvereinfachung“ und „rascheren Vollzug“ aus. Sozialleistungen könnten zusammengelegt und pauschalisiert werden.

  • Der WEISSE RING gibt zu bedenken, dass dies auch zu Sparmaßnahmen und aufgrund der Pauschalisierung zu weniger „Einzelfallgerechtigkeit“ führen könnte.

Die Länge von Gerichtsverfahren soll möglichst verkürzt werden, „indem wir unter anderem den Zugang zu zweiten Tatsacheninstanzen begrenzen“, erklären Union und SPD. Bei Strafprozessen stellt die Koalition einen besseren Opferschutz in Aussicht; die audiovisuelle Vernehmung von minderjährigen Zeugen soll erleichtert werden.

  • Nach Auffassung des WEISSEN RINGS kann es je nach Fall sicherlich sinnvoll sein, den Instanzenzug zu begrenzen, es bedeutet aber immer auch eine Beschneidung des rechtlichen Gehörs. Eine Verbesserung des Opferschutzes wäre sehr gut, die genauen Pläne sind aber noch unklar.

Psychotherapeutische Angebote, die auch für Opfer von Straftaten wichtig sind, möchte die kommende Regierung ausbauen, gerade im ländlichen Raum. Dazu plant sie zum Beispiel eine Notversorgung durch Psychotherapeuten, wohnortnahe psychosomatische Institutsambulanzen und mehr digitale Behandlungsmöglichkeiten. Ein wesentliches Ziel sei, die Resilienz von Kindern und Jugendlichen zu stärken.

 

Innere Sicherheit

Die Koalition kündigt eine „Sicherheitsoffensive“ an, mithilfe von „zeitgemäßen digitalen Befugnissen“ und ausreichend Personal in den Behörden.

Zu den angekündigten Maßnahmen zählt eine dreimonatige Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern, um Anschlussinhaber identifizieren zu können. Die Telefonüberwachung beim Wohnungseinbruchsdiebstahl soll leichter, die Funkzellenabfrage umfassender möglich sein.

Ein weiteres Vorhaben hängt mit Anschlägen wie in Mannheim und Aschaffenburg in diesem Jahr zusammen: „Zur Verhinderung weiterer Gewalttaten, wie in der jüngsten Vergangenheit, wollen wir die frühzeitige Erkennung entsprechender Risikopotenziale bei Personen mit psychischen Auffälligkeiten sicherstellen. Hierzu führen wir eine gemeinsame Risikobewertung und ein integriertes behördenübergreifendes Risikomanagement ein.“

Um im Vorfeld Terrorangriffen, die mit „Alltagsgegenständen“ begangen werden, besser entgegenzuwirken, will Schwarz-Rot die Anwendung von Paragraf 89a im Strafgesetzbuch (StGB) – Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat – ausweiten: auf den Fall, dass der Täter keinen Sprengstoff, sondern Gegenstände wie ein Messer oder ein Auto benutzen will.

Mit „allen Betroffenen und Experten“ beabsichtigt die Koalition, das Waffenrecht zu evaluieren und gegebenenfalls zu ändern, um zu verhindern, dass Menschen illegal Waffen besitzen oder Extremisten und Menschen „mit ernsthaften psychischen Erkrankungen“ sich legal welche beschaffen können. Bei möglichen Gesetzesänderungen gilt: Das Recht soll „anwenderfreundlicher“ werden, zudem müsse bei den Vorgaben die „Verhältnismäßigkeit“ gewahrt bleiben.

  • Um Amokläufe mit Waffen zu unterbinden, werden die Maßnahmen wohl nicht reichen, befürchtet der WEISSE RING.

Im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität strebt die Koalition eine vollständige Beweislastumkehr beim Einziehen von Vermögen an, dessen Herkunft nicht geklärt ist.

Ausländische Personen, die schwere Straftaten begehen und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden, sollen in der Regel ausgewiesen werden, etwa bei Delikten gegen Leib und Leben, die sexuelle Selbstbestimmung oder bei einem tätlichen Angriff gegen Vollstreckungsbeamte.

Zu den Ursachen der gestiegenen Kinder- und Jugendgewalt ist eine Studie, die auch mögliche Gesetzesänderungen untersucht, geplant.

 

Digitale Gewalt

Die Koalition verspricht ein „umfassendes Digitales Gewaltschutzgesetz“. Damit wolle sie die rechtliche Stellung von Betroffenen verbessern und Sperren für anonyme „Hass-Accounts“ ermöglichen. Sie will zudem prüfen, ob Opfer und Zeugen in Strafverfahren darauf verzichten können, ihre Anschrift anzugeben, wenn die Verteidigung Akteneinsicht beantragt.

Im Cyberstrafrecht gelte es, Lücken zu schließen, beispielsweise bei „bildbasierter sexualisierter Gewalt“. Das Gesetz soll auch Deepfake-Pornografie erfassen, bei der Bilder von Gesichtern prominenter und nicht-prominenter Menschen mit Hilfe von KI auf andere Körper montiert werden.

Online-Plattformen sollen „Schnittstellen zu Strafverfolgungsbehörden“ zur Verfügung stellen, damit Daten, die für Ermittlungsverfahren relevant sind, „automatisiert und schnell“ abrufbar sind. Die Sanktionsmöglichkeiten gegenüber den Plattformen, die strafbare Inhalte nicht entfernen, sollen verschärft werden.

 

Angriffe auf die Demokratie

Die Koalition kündigt an, allen verfassungsfeindlichen Bestrebungen entschlossen entgegenzutreten, egal ob Rechtsextremismus, Islamismus, auslandsbezogenem Extremismus oder Linksextremismus.

Hierzu planen die Parteien unter anderem, den Tatbestand der Volksverhetzung zu verschärfen. Wer zum Beispiel mehrfach deswegen verurteilt wird, könnte in Zukunft das passive Wahlrecht verlieren. Zudem will Schwarz-Rot eine Strafbarkeit für Amtsträger und Soldaten prüfen, die in geschlossenen Chatgruppen in dienstlichem Zusammenhang antisemitische und extremistische Hetze teilen. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Fälle, die straffrei blieben: Gerichte vertraten die Auffassung, es handele sich um private Gruppen, wo es nicht strafbar sei, solche Inhalte zu verbreiten.

In den vergangenen Jahren haben die Angriffe auf Mandatsträger, Rettungs- und Einsatzkräfte sowie Polizisten deutlich zugenommen. Bei den politischen Amts- und Mandatsträgern stiegen die von der Polizei erfassten Attacken 2024 um 20 Prozent auf 4923. Deshalb wollen Union und SPD den „strafrechtlichen Schutz“ solcher Gruppen prüfen und eventuell erweitern. Darüber hinaus soll das Melderecht überarbeitet werden, um die Privatsphäre der Betroffenen besser zu schützen.

Zum zunehmenden Rechtsextremismus – allein bis zum 30. November 2024 wurden 33.963 Delikte im Bereich „politisch motivierte Kriminalität – rechts“ und damit so viele wie noch nie registriert – schreibt die Koalition lediglich allgemein: „Der Polarisierung und Destabilisierung unserer demokratischen Gesellschaft und Werteordnung durch Rechtspopulisten und -extremisten setzen wir eine Politik der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der Vielfalt, Toleranz und Humanität entgegen.“ Abgesehen von einem NSU-Dokumentationszentrum in Nürnberg werden kaum konkrete Maßnahmen genannt.

Im Kampf gegen Islamismus ist ein „Bund-Länder-Aktionsplan“ vorgesehen, zudem soll die „Task Force Islamismusprävention“ ein festes Gremium im Bundesinnenministerium werden und helfen, den Aktionsplan umzusetzen.

Mit Vereinen und Verbänden, die direkt oder indirekt von ausländischen Regierungen gesteuert und vom Verfassungsschutz beobachtet würden, werde der Bund nicht zusammenarbeiten. Sie sollen verpflichtet werden, offenzulegen, wie sie sich finanzieren.

Als weiteres Ziel gibt die Koalition die Sicherheit jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger an, sowohl im digitalen als auch im öffentlichen Raum, etwa an Schulen und Hochschulen. Hierzu sollen unter anderem Lehrer darin geschult werden, Antisemitismus zu erkennen und dagegen vorzugehen.

Projekte zur demokratischen Teilhabe sollen weiterhin vom Bundesförderprogramm „Demokratie leben!“ profitieren.

 

Diskriminierung

Die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle soll fortgeführt, der Nationale Aktionsplan gegen Rassismus so überarbeitet werden, dass dieser „in seinen verschiedenen Erscheinungsformen“ bekämpft werden könne. Einen besonderen Schutz verspricht die Koalition nationalen Minderheiten, etwa der dänischen Minderheit oder den deutschen Sinti und Roma. Außerdem sollen alle unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung „gleichberechtigt, diskriminierungs- und gewaltfrei“ leben können. Dazu, heißt es, „wollen wir mit entsprechenden Maßnahmen das Bewusstsein schaffen, sensibilisieren und den Zusammenhalt und das Miteinander stärken“. Wie genau all dies geschehen soll, steht nicht im Vertrag.

Zwischen 2021 und 2023 waren mehr als 20.000 Fälle von Diskriminierung bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gemeldet worden. Die Unabhängige Bundesbeauftragte, Ferda Ataman, kritisierte, das deutsche Antidiskriminierungsrecht sei unzureichend.

 

Menschenhandel

„Deutschland ist zu einer Drehscheibe beim Menschenhandel geworden“, die Opfer seien fast ausschließlich Frauen, schreibt die Koalition am Anfang ihres Kapitels zum Prostituiertenschutzgesetz. Eine Evaluation über die Wirkung des Gesetzes soll bis Juli dieses Jahres vorgestellt werden. Bei Bedarf will das schwarz-rote Bündnis auf eine Experten-Kommission zurückgreifen, um gesetzlich nachzubessern.

  • Dass sich die Koalition dem Thema widmen will, ist nach Ansicht des WEISSEN RINGS positiv, aber auch hier ist die konkrete Umsetzung noch unklar.

Zu anderen Formen von Menschenhandel, etwa zur Ausbeutung der Arbeitskraft, sagt die Koalition nichts. Aus dem letzten Lagebild des Bundeskriminalamtes zu Menschenhandel und Ausbeutung geht hervor, dass 2023 319 Verfahren wegen sexueller Ausbeutung, 37 wegen Arbeitsausbeutung und 204 wegen Ausbeutung Minderjähriger geführt wurden. Experten gehen in diesem Bereich von einer hohen Dunkelziffer aus. Ein Grund dafür ist, dass Betroffene unter anderem aus Angst vor ihren Ausbeutern nur selten Anzeige erstatten.

Auch Schleswig-Holstein bekämpft häusliche Gewalt mit „spanischer Fußfessel“

Erstellt am: Montag, 31. März 2025 von Gregor

Union und SPD wollen die spanische Variante der Fußfessel im Bund einführen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Datum: 31.03.2025

Auch Schleswig-Holstein bekämpft häusliche Gewalt mit „spanischer Fußfessel“

Nachdem der Landtag eine Gesetzesreform beschlossen hat, kann die elektronische Fußfessel nach spanischem Modell in Schleswig-Holstein eingesetzt werden. Die Landesregierung verspricht sich davon einen besseren Schutz. Die Zahl der Menschen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, ist auch im Norden gestiegen.

Kiel/Mainz. Im Kampf gegen häusliche Gewalt setzen die Bundesländer zunehmend auf die elektronische Fußfessel nach spanischem Vorbild. Kürzlich hat der schleswig-holsteinische Landtag mit breiter Mehrheit – nur die FDP stimmte nicht zu – eine entsprechende Gesetzesreform verabschiedet. Bislang konnte die sogenannte Aufenthaltsüberwachung in dem Bundesland nur bei terroristischen Gefährdern genutzt werden, künftig ist das auch bei Partnerschaftsgewalt und Stalking möglich. Voraussetzung ist ein richterlicher Beschluss. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) sagte in Kiel, die Fußfessel werde Lücken beim Schutz schließen und diesen verbessern.

Wie bundesweit ist in Schleswig-Holstein die Zahl der von häuslicher Gewalt Betroffenen gestiegen, im vergangenen Jahr um 8,8 Prozent auf 9.360. Gut 71 Prozent der Opfer waren Frauen. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervor.

Beim spanischen Modell kann die Fußfessel des Täters mit einer GPS-Einheit kommunizieren, die das Opfer bei sich trägt. Dadurch wird sowohl der Standort des Täters als auch der Betroffenen überwacht, und die Sperrzonen sind nicht fest, sondern dynamisch. Der Alarm wird ausgelöst, falls sich der Überwachte und das Opfer einander nähern.

In Spanien wurde keine der geschützten Frauen getötet

Sachsen und Hessen setzen die neue Technik schon ein. Das Saarland hat ein Gesetz dafür verabschiedet, und in weiteren Bundesländern wird derzeit darüber diskutiert, etwa in Niedersachsen, wo ein Gesetzentwurf in Arbeit ist.

Die noch amtierende Bundesregierung hatte zu Jahresbeginn ein neues Gewaltschutzgesetz auf den Weg gebracht, das die elektronische Aufenthaltsüberwachung vorsieht. Der alte Bundestag hat den Entwurf jedoch nicht mehr beschlossen. Laut dem Papier könnten Familiengerichte in Risikofällen für drei Monate eine Fußfessel anordnen und die Maßnahme um drei Monate verlängern.

Der WEISSE RING hatte sich auf Bundes- und Länderebene intensiv für die elektronische Fußfessel nach spanischem Modell eingesetzt, unter anderem mit Brandbriefen an die Bundesregierung und einer Petition.

Die Redaktion des WEISSER RING Magazins hatte in einer umfassenden Recherche aufgezeigt, wie der Staat Menschen besser vor häuslicher Gewalt schützen könnte und wie erfolgreich die Aufenthaltsüberwachung in Spanien eingesetzt wird: Dort wurde seitdem keine Frau, die mit Hilfe der Fußfessel geschützt wurde, getötet. Insgesamt ging die Zahl der getöteten Frauen um 25 Prozent zurück.

Gisèle Pelicot bei Social Media

Erstellt am: Donnerstag, 27. März 2025 von Selina

Gisèle Pelicot bei Social Media

Der Vergewaltigungsprozess im französischen Avignon hat die Menschen sehr bewegt. Auch in den Social-Media-Kanälen des WEISSEN RINGS fanden sich zahlreiche berührende Kommentare dazu. Wir veröffentlichen hier eine Auswahl.

Eine Skizze von einem Handy mit zwei Armen und Händen. Der eine Daumen zeigt nach unten und der andere Daumen zeigt nach oben.

Illustration: Studio Pong

Ein Instagram-Post von dem Instagram-Kanal des WEISSEN RINGS. Zu sehen ist Gisèle Pelicot und auf dem Post steht "Die Scham muss die Seite wechseln".
„Ich schicke dieser mutigen, starken Frau, alle Liebe, Kraft, Dankbarkeit und Anerkennung. Vom ganzen Herzen.“
„So stark von ihr… Kein Opfer muss sich schämen. Die Scham gehört an die Täter. Ihr zerstört Leben, ihr zerstört Träume, ihr zerstört Kindheiten…“
„Ich habe die größte Achtung vor dieser Frau, dass sie ihre furchtbare Situation für etwas Gutes nutzt und so viel Stärke zeigt!“
„Es sollten mehr Frauen sich wagen, sich dem anzuschließen.“
„Unfassbar und so widerlich 🤨 Ich bin wirklich schockiert von diesen Taten 😮‍💨 Keine noch so hohe Strafe kann DAS wieder gut machen. Ich wünsche ihr von Herzen, dass sie es, soweit möglich, irgendwann verarbeiten kann. 🙏❤“
„Also mir fehlen die Worte. 😢“
„💜 Was für eine mutige Frau! Ich bin in Gedanken bei Ihnen und sende Liebe und Heilung. 💜“
„Es sind nicht alle Männer die Taten begehen, aber unfassbar viele die schweigen und demnach mitmachen. Als Frau Angst zu haben, ist sehr wohl berechtigt.“
„Unfassbar. 😢“
„Tapfere und mutige Frau! 💪“
„Ich wünsche ihr Gerechtigkeit und inneren Frieden. ✊“
„😢😢😢“
Ein Instagram-Post von dem Instagram-Kanal des WEISSEN RINGS. Zu sehen ist Gisèle Pelicot und auf dem Post steht "Die Scham muss die Seite wechseln".
„Hab erst vor kurzem über sie erfahren und puh 😥 Ich komme immer noch nicht klar, was sie durchgemacht hat! Das geht in meinen Kopf nicht rein, es ist so surreal! Ich hoffe, sie wird es halbwegs verarbeiten und ein normales Leben führen. Das wünsche ich ihr so sehr 😥❤“
„Für mich persönlich, ‚Person of the year‘. Und noch viel mehr. ❤“
„Sie ist ein Vorbild für uns alle. Und doch unfreiwillig dazu gemacht worden.“
„Sie bewegt so viel! Wie stark, aus diesem Schicksal, so etwas Wertvolles zu schaffen. Danke Gisèle! Und danke Euch, für Eure Arbeit!“
„Wahnsinn!!! Zum einen, was diese Frau überstanden hat und schafft, und zum anderen die Worte ‚Die Scham muss die Seite wechseln.‘ Sehr treffend 🙏🙏🙏 !!!“
„Das ist für diese abscheulichen Taten das Mindeste. Sie ist ein Vorbild für alle Frauen und sie hat mir den Mut gegeben, Dinge, die passiert sind, zu benennen.“

Besonders Frauen werden im Netz zu Opfern

Erstellt am: Freitag, 21. März 2025 von Sabine

Foto: Christian J. Ahlers

Datum: 21.03.2025

Besonders Frauen werden im Netz zu Opfern

Frauen, die heute Opfer von Partnerschaftsgewalt werden, leiden oft doppelt: Zusätzlich zur physischen kommt in vielen Fällen auch noch die digitale Gewalt.

Mainz – Frauen, die heute Opfer von Partnerschaftsgewalt werden, leiden oft doppelt: Zusätzlich zur physischen kommt in vielen Fällen auch noch die digitale Gewalt. Ex-Partner stalken sie online weiter, greifen persönliche Daten ab, stellen intime Fotos ins Netz oder missbrauchen die Identität der Frau in den sozialen Medien, um ihren Ruf zu schädigen. So etwas trifft nicht nur, aber vor allem Frauen. Daher möchte der WEISSE RING dieses Thema am 22. März 2025, dem „Tag der Kriminalitätsopfer“, besonders hervorheben – und informieren, wie jeder sich vor digitaler Gewalt schützen kann.

62 Prozent der Opfer sind weiblich

Digitale Gewalt ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche, teilweise kriminelle Handlungen im Internet. Nach aktuellen Zahlen des BKA sind 62,3 Prozent der Opfer digitaler Gewalt weiblich. Eine Studie der gemeinnützigen Organisation HateAid und der TU München konnte zudem bestätigen, dass Frauen, die sich politisch engagieren, öfter von digitaler Gewalt betroffen sind (63 Prozent) als ihre männlichen Kollegen (53 Prozent). Fast ein Viertel der weiblichen Betroffenen hat schon einmal Androhungen physischer sexueller Gewalt erhalten, zum Beispiel Vergewaltigungsdrohungen (bei Männern sind es nur 3 Prozent). Das Ausmaß der digitalen Gewalt führt dazu, dass vor allem Frauen ans Aufhören denken.

Hintergrund-Info

Seit 1991 macht der WEISSE RING mit dem „Tag der Kriminalitätsopfer“ alljährlich am 22. März auf Menschen aufmerksam, die durch Kriminalität und Gewalt geschädigt wurden. Er soll das Bewusstsein für Opferbelange in Deutschland stärken und Informationen zu Prävention, Schutz und praktischen Hilfen geben. Inzwischen ist der Aktionstag fester Bestandteil im Kalender von Institutionen aus den Bereichen Politik, Justiz und Verwaltung, aber auch Vereinen und Schulen geworden. Traditionell beteiligen sich in ganz Deutschland ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Außenstellen des WEISSEN RING mit Aktionen und Info-Veranstaltungen am Tag der Kriminalitätsopfer.

„Avignon – Der Prozess Pelicot“

Erstellt am: Freitag, 14. März 2025 von Selina
Cover des Spiegel-Podcats "Acht Milliarden", mit der aktuellen Folge über den Prozess Pelicot in Avignon. Dazu sieht man das Opfer Gisèle Pelicot mit ihrer Sonnenbrille auf.

HÖREN

„Avignon – Der Prozess Pelicot“

Acht Milliarden/Der Spiegel

„Sie war immer noch ein Opfer, denn wie sie sagte, wusste sie von nichts. Also war sie immer noch ein Opfer. Aber sie war eine Frau mit einem Blick, mit einer Stimme. Zum ersten Mal erzählte sie ihre Version der Geschichte, und das war ehrlich gesagt ein unglaublicher Moment“, sagt Gerichtszeichnerin Marion Dubreuil über Gisèle Pelicot im „Spiegel“-Podcast von Britta Sandberg. In vier Folgen nimmt die Journalistin ihr Publikum mit in die „Innenansichten“ des Gerichtssaals.

Zu hören sind Auszüge aus Sandbergs Notizen, aus Wortprotokollen, Vernehmungen und der Anklageschrift. Zitiert werden Stellen aus dem Buch von Caroline Darian, der Tochter von Gisèle und Dominique Pelicot, das auch Briefe ihres Vaters enthält, die er aus dem Gefängnis an seine Familie geschrieben hat.

Neben der Heldin Gisèle Pelicot lernt der Hörer hier auch das Opfer Gisèle Pelicot kennen. Der Podcast zeigt hier außerdem, was so eine Tat für eine Familie bedeutet.

Es ist als Zuhörerin nicht immer leicht, all diese Details zu erfahren – ihnen zu folgen, ohne selbst betroffen zu werden. Aber wer sich für diese Geschichte interessiert, sollte diesen Podcast auf keinen Fall verpassen.

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Warten auf besseren Schutz

Erstellt am: Donnerstag, 13. März 2025 von Selina

Warten auf besseren Schutz

Das neue Gewalthilfegesetz ist ein klarer Fortschritt, hat aber Lücken.

Skizze eines Paragraphen auf einem grünen Hintergrund. Sie spielt auf das Gewalthilfegesetz an für Opfer von häuslicher Gewalt.

Illustration: Studio Pong

Jeden Tag erleiden Hunderte von Menschen in Deutschland häusliche Gewalt. Nach jüngsten Zahlen des Bundeskriminalamtes sind im Jahr 2023 insgesamt 256.276 Opfer von Partnerschaftsgewalt oder Gewalt gegen Kinder, Eltern oder andere Familienangehörige erfasst worden – 6,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 70 Prozent der Betroffenen waren weiblich, 75,6 Prozent der Täter männlich.

Es mangelt an Hilfsangeboten. So standen deutschlandweit zuletzt etwa 7.800 Frauenhausplätze zur Verfügung. Nach der Istanbul-Konvention zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, zu der sich Deutschland 2018 verpflichtet hat, wären aber 21.500 Plätze nötig. Immer wieder kommt es vor, dass Einrichtungen Betroffenen keinen Platz bieten können.

Um dem Mangel entgegenzuwirken, haben Bundestag und Bundesrat kürzlich das Gewalthilfegesetz beschlossen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach von einem „historischen Moment“; Lücken im Hilfesystem würden geschlossen. Das Gesetz sieht ab 2032 einen Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung für Frauen und Kinder vor. Es verpflichtet die Länder, ausreichend Angebote zu schaffen. Dafür bekommen sie vom Bund zwischen 2027 und 2036 insgesamt 2,6 Milliarden Euro. Betroffene können künftig Einrichtungen in ganz Deutschland aufsuchen, egal in welcher Kommune sie leben. Außerdem soll die Prävention ausgeweitet werden, zum Beispiel durch Täterarbeit.

Dorothea Hecht, Referentin Recht beim Verein Frauenhauskoordinierung, stimmt mit Paus darin überein, dass das Gesetz eine historische Dimension hat: „Nach jahrzehntelangen Schwierigkeiten, das Hilfesystem zu finanzieren, bekommt es jetzt eine solide Grundlage.“ Positiv sei etwa die in konkrete Zahlen gefasste Beteiligung des Bundes. In Jubel bricht Hecht aber nicht aus: „Es dauert noch sieben Jahre, bis der Rechtsanspruch greift.“ Und ob die bereitgestellten Summen reichen, sei fraglich. Den laufenden Bedarf zu decken, sei schon schwierig. Jetzt kämen hohe Investitionskosten hinzu, etwa für den Ausbau der Frauenhäuser. Zudem brauche es höhere Löhne, um Fachkräfte zu gewinnen. Fest stehe: „Die Länder werden sich finanziell mindestens genauso wie der Bund einbringen müssen.“

„Es dauert noch sieben Jahre, bis der Rechtsanspruch greift.“

Esther Bierbaum von der Zentralen Informationsstelle autonomer Frauenhäuser bezeichnet das neue Gesetz als „Meilenstein“. Noch nie hätten sich Bund, Länder und Kommunen so verbindlich und gemeinsam des Gewaltschutzes angenommen. So wie bislang könne es nicht weitergehen: „Es ist immer schwierig, die Finanzierung aufrechtzuerhalten. Kolleginnen sind fast täglich damit beschäftigt, hilfesuchende Frauen und Kinder abzuweisen, weil der Platz nicht reicht.“

Das Gewalthilfegesetz lasse hoffen, aber: „Wir sehen auch Lücken.“ Bierbaum verweist darauf, dass etwa non-binäre Menschen nicht berücksichtigt werden, ebenso wenig wie Geflüchtete. Auch bleibe „wirtschaftliche Gewalt“ außen vor – von der viele Schutzsuchende betroffen seien: „Sie dürfen nicht eigenständig über Geld verfügen, müssen Rechenschaft ablegen und bekommen häufig nichts. Stattdessen kommt es zu Streit.“

Warum Femizide in Italien ein eigener Straftatbestand werden

Erstellt am: Donnerstag, 13. März 2025 von Sabine

Rote Schuhe stehen als Protestaktion gegen Femizide auf einem Platz. Foto: Marius Burgelman/Belga/dpa

Datum: 13.03.2025

Warum Femizide in Italien ein eigener Straftatbestand werden

In Italien sollen Femizide zukünftig als eigener Straftatbestand im Gesetzbuch verankert werden. Zudem soll als Standardstrafmaß "lebenslänglich" gelten. Ein Vorbild für Deutschland?

Mailand/Mainz – Ein Vorbild für Deutschland? In Italien sollen Femizide – also Tötungen von Frauen aufgrund ihres Geschlechts – zukünftig als eigener Straftatbestand im Gesetzbuch verankert werden. Zudem soll als Standardstrafmaß „lebenslänglich“ gelten. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat die italienische Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zum internationalen Weltfrauentag am 8. März vorgelegt.

Der Entwurf erkenne „die Asymmetrie der Macht zwischen Männern und Frauen“ an, sagte die italienische Familienministerin Eugenia Roccella nach einer Kabinettssitzung. Aktuell werden Femizide in Italien als eine Form von Mord geahndet. Erschwerende Umstände bei der Bemessung der Strafe werden bei einem Mord an einer Frau nur dann anerkannt, wenn der Mörder mit dem Opfer verheiratet oder verwandt war. Das italienische Innenministerium zählte 113 Femzide im Jahr 2024, 61 davon wurden durch aktuelle oder frühere Partner begangen.

Opferorganisationen fordern mehr Prävention

Die Verabschiedung im Parlament gilt als sicher, denn nicht nur die Regierungs-, sondern auch die Oppositionsparteien unterstützen das Vorhaben. In dem Entwurf heißt es weiter: „Wer den Tod einer Frau verursacht, wenn die Tat als Akt der Diskriminierung oder des Hasses gegen die geschädigte Person als Frau oder um ihr die Ausübung ihrer Rechte oder ihrer Freiheit zu verwehren, verübt wird, wird mit lebenslanger Haft bestraft.“

Opferorganisationen beklagen allerdings, dass die Rechtsaußen-Regierung von Meloni lediglich auf Abschreckung durch Strafe setze und keine präventiven Maßnahmen ergreife. Sie fordern zum Beispiel mehr Aufklärung in Schulen.

Neben der Strafverschärfung bei Femiziden sollen zukünftig auch Fälle von Misshandlung, Stalking, sexueller Gewalt und „Rachepornografie“ zukünftig härter bestraft werden. Als Racheporno bezeichnet man intime Videos oder Bilder einer anderen Person, die im Rahmen eines Racheaktes, beispielsweise nach einer Trennung, im Netz veröffentlicht werden.

Laute Proteste nach Femiziden

Im November 2023 erschütterte der Fall der Studentin Giulia Cecchettin (Bericht auf tagesschau.de) Italien. Die 22-Jährige wurde von ihrem Ex-Freund und Kommilitonen Filippo T. ermordet, weil sie ihn verlassen hatte. T. hatte das Delikt akribisch geplant – ganz so wie sechs Monate zuvor Alessandro I. Der 31-jährige Barkeeper tötete seine schwangere Freundin mit zahlreichen Messerstichen, nachdem er sich in den Monaten zuvor im Internet ausführlich über Giftmorde informiert hatte. Beide Täter erhielten auf Grundlage der schon geltenden Normen eine lebenslange Freiheitsstrafe.

In Deutschland sind Femizide bisher kein eigener Straftatbestand, sie werden als Mord oder Totschlag angeklagt. Im Jahr 2023 wurden hierzulande 155 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt mit tödlichem Ausgang – demgegenüber stehen 24 männliche Opfer.

Seit Jahren stagnieren die Zahlen auf hohem Niveau. Der WEISSE RING setzt sich deshalb für die Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung nach dem spanischen Modell ein.

Der wesentliche Unterschied zum bisherigen Einsatz der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung besteht darin, dass keine vordefinierten, festen Verbotszonen überwacht werden, sondern sich das zu schützende Opfer in Bewegung befindet. Damit werden Frauen auch außerhalb ihrer Wohnung vor Zufallsbegegnungen mit dem Täter im Alltag gewarnt.

Das spanische Erfolgsmodell rettete Hunderte Leben

In Spanien ist die Zahl getöteter Frauen seit der Fußfessel-Einführung um 25 Prozent zurückgegangen, statistisch könnten in Deutschland demnach jedes Jahr etwa 40 Frauen durch die Fußfessel gerettet werden. Die Technologie ist auch in der Bundesrepublik vorhanden, ausgereift und einsatzbereit.

Zu Jahresbeginn stimmte der Bundesrat einer hessischen Initiative zum besseren Schutz vor häuslicher Gewalt zu. Dazu soll unter anderem das spanische Modell der elektronischen Fußfessel bundesweit im Gewaltschutzgesetz verankert werden. Einen Zeitrahmen gibt es dafür bisher jedoch nicht. Auf Länderebene setzen bereits Sachsen und Hessen das spanische Modell ein, Abgeordnete im Saarland haben einen entsprechenden Antrag gestellt.

In einem exklusiven Interview mit der Redaktion des WEISSEN RINGS erklärte die Staatsanwältin Teresa Peramato den Erfolg des spanischen Modells für den Opferschutz, die abschreckende Wirkung und das Sicherheitsgefühl der teilnehmenden Frauen.

Spanisches Fußfessel-Modell wird erstmals in Sachsen eingesetzt

Erstellt am: Mittwoch, 8. Januar 2025 von Sabine
Die elektronische Fußfessel des Täters kommuniziert mit einer GPS-Einheit, die die Betroffene bei sich trägt. Foto: Andreas Arnold/dpa

Die elektronische Fußfessel des Täters kommuniziert mit einer GPS-Einheit, die die Betroffene bei sich trägt. Foto: Andreas Arnold/dpa

Datum: 08.01.2025

Spanisches Fußfessel-Modell wird erstmals in Sachsen eingesetzt

Um Frauen besser vor Gewalt zu schützen, machen sich Hessen und der WEISSE RING für einen erweiterten Einsatz elektronischer Fußfesseln stark. In Sachsen wird die Technik jetzt erstmalig eingesetzt.

Dresden/Wiesbaden – In Sachsen wird erstmals eine Fußfessel nach spanischem Modell angewandt, um eine Frau vor häuslicher Gewalt zu schützen. Gegen ihren vorbestraften Ex-Mann sei ein Kontakt- und Annäherungsverbot verhängt worden, das mit Hilfe der Fußfessel kontrolliert werde, teilten die sächsische Justizministerin Constanze Geiert und ihr hessischer Amtskollege Christian Heinz (beide CDU) mit. Es sei deutschlandweit das erste Mal, dass diese Technik zum Einsatz kommt.

Hessen habe die Fußfessel der neuen Generation voriges Jahr eingeführt. In dem Bundesland ist auch die Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL) angesiedelt. Deren Aufgabe ist die Überwachung der Fußfesselträger.

Im spanischen Modell werden nach Angaben der Ministerien keine festen Verbotszonen überwacht, sondern das Opfer befinde sich in Bewegung. Es trage eine GPS-Einheit mit sich, die mit der elektronischen Fußfessel des Täters kommuniziere. Das System überwache die Standorte. Begegnen sich Opfer und Täter, werde ein Alarm ausgelöst.

Hessen hat die Fußfessel der neuen Generation, mit der das spanische Modell umsetzbar ist, im vergangenen Jahr eingeführt. Die Länder können sie in den Fällen der so genannten Führungsaufsicht schon jetzt anwenden. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme, die nach einer Haftstrafe angewendet werden kann. „So können wir das Schutzniveau der Opfer bereits jetzt bei der strafrechtlichen Führungsaufsicht signifikant erhöhen. Damit solche Fälle von häuslicher Gewalt gar nicht erst entstehen können, brauchen wir eine Änderung im Gewaltschutzgesetz, um mögliche Opfer präventiv zu schützen. Der Bundesrat hat sich mit Hessens Initiative eindeutig hierzu positioniert, jetzt muss die Bundesregierung handeln“, sagte Hessens Justizminister Christian Heinz.

WEISSER RING fordert spanisches Modell

Auch der WEISSE RING hatte die Bundesregierung mehrfach in Brandbriefen aufgefordert, die Fußfessel nach dem spanischen Modell in Deutschland einzuführen, um Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen zu können. In dem iberischen Land hat sich die Zahl getöteter Frauen seit der Fußfessel-Einführung um 25 Prozent reduziert, statistisch könnten in Deutschland demnach jedes Jahr gut 40 Frauen durch die Fußfessel gerettet werden.

Anne und ihr kleiner Sohn Noah sind auf einem schwarz-weiß Foto. Der Ex-Mann tötete beide in ihrem Auto, mit einem Messer. In Deutschland kommt es alle drei Tage zu einem Femizid.

Chronik eines angekündigten Todes

Alle drei Tage tötet in Deutschland ein Mann seine (Ex-)Frau. Tut der Staat genug, um diese Frauen zu schützen? Der Fall von Anne, die 2017 gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn Noah getötet wurde, zeigt: Nein, tut er nicht.

Bundesrat stimmt für spanisches Fußfessel-Modell

Erstellt am: Montag, 6. Januar 2025 von Sabine

Foto: Christian J. Ahlers

Datum: 06.01.2025

Bundesrat stimmt für spanisches Fußfessel-Modell

Um Frauen besser vor Gewalt zu schützen, machen sich Hessen und der WEISSE RING für einen erweiterten Einsatz elektronischer Fußfesseln stark. Nun kommt Rückendeckung von den übrigen Bundesländern.

Wiesbaden/Mainz – Der Bundesrat hat einer hessischen Initiative zum besseren Schutz vor häuslicher Gewalt zugestimmt. Dazu soll unter anderem das spanische Modell der elektronischen Fußfessel bundesweit im Gewaltschutzgesetz verankert werden.

Der wesentliche Unterschied zum bisherigen Einsatz der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung besteht darin, dass keine vordefinierten, festen Verbotszonen überwacht werden, sondern sich das zu schützende Opfer in Bewegung befindet. Damit werden Frauen auch außerhalb ihrer Wohnung vor Zufallsbegegnungen mit dem Täter im Alltag gewarnt.

„Jeden Tag müssen mehr als 700 Menschen in Deutschland häusliche Gewalt über sich ergehen lassen“, erklärte Hessens Justizminister Christian Heinz (CDU). Die Fußfessel nach dem spanischen Modell könne Leben retten. Einen Referenten-Entwurf der Bundesregierung zu diesem Modell im Gewaltschutzgesetz nannte der Minister „einen ersten Schritt“.

Spanische Frauen demonstrieren gegen Machismo. Nun soll eine elektronische Fußfessel vor Gewalt schützen.

So funktioniert die elektronische Aufenthaltsüberwachung in Spanien

Spanien gilt als Vorreiter bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Mit GPS-gestützten Armbändern schützt das Land Opfer vor Gewalttätern. Ist das spanische Modell ein Vorbild für Deutschland?

WEISSER RING fordert spanisches Modell

Er begrenze bislang das Tragen der Fußfessel jedoch auf drei Monate. „Das ist aus unserer Sicht sehr kurz“, erklärte Heinz. „Außerdem sieht er bei Verstößen gegen das Tragen lediglich Ordnungsgelder vor, auch das ist nur ein stumpfes Schwert.“

Hessen führt derzeit eine neue Überwachungstechnik ein. „Das spanische Modell können wir bereits bei der Führungsaufsicht und bei allen bisherigen Fällen anwenden“, erläuterte der Justizminister. „Jedoch bleibt es uns momentan verwehrt, die Opfer von häuslicher Gewalt über einen längeren Zeitraum zu schützen.“

Auch der WEISSE RING hatte die Bundesregierung mehrfach in Brandbriefen aufgefordert, die Fußfessel nach dem spanischen Modell in Deutschland einzuführen, um Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen zu können. In dem iberischen Land hat sich die Zahl getöteter Frauen seit der Fußfessel-Einführung um 25 Prozent reduziert, statistisch könnten in Deutschland demnach jedes Jahr gut 40 Frauen durch die Fußfessel gerettet werden.

Nach Angaben des Bundesrates wird die Entschließung der Bundesregierung zugeleitet. Gesetzliche Vorgaben, wie und wann sich diese damit auseinandersetzen muss, gibt es nicht.

Abgeordnete im Saarland wollen Fußfessel bei häuslicher Gewalt

Erstellt am: Donnerstag, 5. Dezember 2024 von Sabine

Foto: Christian J. Ahlers

Datum: 05.12.2024

Abgeordnete im Saarland wollen Fußfessel bei häuslicher Gewalt

Die elektronische Fußfessel darf im Saarland voraussichtlich künftig auch zur Verhinderung von häuslicher Gewalt eingesetzt werden. Der saarländische Landtag beschloss nun einen entsprechenden Gesetzesentwurf.

Saarbrücken – Die elektronische Fußfessel darf im Saarland voraussichtlich künftig auch zur Verhinderung von häuslicher Gewalt eingesetzt werden. Der saarländische Landtag beschloss in erster Lesung einen entsprechenden Gesetzentwurf. Damit sollen schwere Verbrechen beispielsweise von Ex-Partnern verhindert werden. Der von der oppositionellen CDU eingebrachte Gesetzentwurf fand auch die Zustimmung der SPD-Regierungsmehrheit.

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Spanien gilt als Vorreiter bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Mit GPS-gestützten Armbändern schützt das Land Opfer vor Gewalttätern. Ist das spanische Modell ein Vorbild für Deutschland?

Die Abgeordnete Anja Wagner-Scheid (CDU) verwies darauf, dass im vergangenen Jahr in Deutschland 155 Frauen von ihren früheren Partnern umgebracht worden seien: „Wir wollen die elektronische Fußfessel dann möglich machen, wenn ein Näherungsverbot oder ein Kontaktverbot nicht eingehalten wird.“

Wenn in besonders schweren Fällen Leib und Leben der Frau oder der Kinder gefährdet seien, soll die Fußfessel auch ohne vorheriges Kontaktverbot angeordnet werden können. Die Abgeordnete Sevim Kaya-Karadag (SPD) sagte: „Es kann nicht sein, dass Frauen Angst haben müssen, ihre Häuser zu verlassen oder die Kinder in den Kindergarten zu bringen.“